Beitrag von Roger Kalt, publiziert am 2005-07-21T17:12:00
Louis Probst
«Eigentlich ist alles wie vorher», stellt Fabienne Sommer fest. Immerhin holte sie sich vor kurzem bei den Rad-Meisterschaften einen Schweizer-Junioren-Meister- und gleich auch noch einen Vizemeistertitel.
«Ich hatte nicht damit gerechnet», sagt Fabienne Sommer bescheiden zu ihren Schweizer-Meister-Titel im Rad-Zeitfahren. «Am Start war auch die letztjährige Meisterin. Ich dachte, dass sie es schaffen würde.» Geschafft hat es jedoch die 16 Jahre alte, angehende Kantischülerin aus Remigen, die für den RV Sulz startet. Im Einzelzeitfahren an den Rad-Schweizer-Meisterschaften in Cham gewann sie souverän. In der Zeit von 22 Minuten und 31 Sekunden legte sie die 14,5 Kilometer lange Strecke zurück, was einem beachtlichen Stundenmittel von knapp 39 Kilometern entspricht. Und am Tage darauf, im Strassenrennen, verpasste sie im Endspurt nur um den Bruchteil einer Radlänge ihren zweiten Schweizer-Meister-Titel.
Auf die Frage nach der Befindlichkeit als Schweizer Meisterin meint sie cool: «Da ist eigentlich nichts, das gross anders wäre. Man wird zwar etwa darauf angesprochen. Aber sonst ist alles gleich wie vorher.»
Gewisse «Vorbelastung»
Der Weg von Fabienne Sommer zum Radrennsport scheint irgendwie vorgezeichnet. Immerhin war ihr Grossonkel Hans Sommer ein bekannter Radrennfahrer. «Mein Grossvater betrieb eine Velowerkstätte», erklärt sie zu den Gründen, die sie schliesslich zum Radsport führen sollten. «Und unsere Familie war in den Ferien oft mit dem Velo unterwegs. Als mein Bruder in den RV Sulz eintrat, ging ich im Winter mit ins Hallentraining. So lernte ich die Leute kennen. Und wenn man die Leute kennt, dann gefällt es einem. Eigentlich hatten mich die Eltern auf die Idee gebracht. Sie mischen sich aber nicht ein. Sie unterstützen mich jedoch, indem sie mich an die Rennen begleiten, wenn das nicht durch den Verein geschieht.»
Bereits ein halbes Jahr nach dem Eintritt in den RV Sulz nahm Fabienne Sommer – noch in der Kategorie Schüler – an der Schinberg-Rundfahrt teil. «Es lief mir damals allerdings nicht so gut», meint sie selbstkritisch. Inzwischen – 2½ Jahre später – hat sie viele schöne Erfolge aufzuweisen, die sie jetzt mit dem Meistertitel krönen konnte. «Ich hatte dieses Jahr allerdings noch keine besonders gute Saison», schränkt sie ein. «Ich weiss auch nicht warum. Vielleicht fehlte es an der Taktik. Die älteren Fahrerinnen haben mehr Erfahrung und können daher etwas gescheiter fahren als ich. Ich brettere oft einfach los, fahre am Anfang etwas schnell. Das ist nicht immer das Gescheiteste. Ich denke aber, dass das mit der Zeit besser wird.» Um an der Spitze mithalten zu können – und zwar sehr erfolgreich wie sich jüngst zeigte –, ist ein beachtlicher Trainingsaufwand nötig. «Mein Training ist saisonbedingt», erklärt Fabienne Sommer, die an Rennen oft bei den Männern fährt, wenn gerade keine Frauenkategorie am Start ist. «Im Winter trainiere ich relativ wenig. Sonst bin ich aber jeden Tag auf dem Velo – pro Woche rund 15 Stunden. Bei schlechtem Wetter trainiere ich oft auf dem Spinningvelo.
Für Fabienne Sommer steht bei ihrem Sport das Velofahren an sich im Vordergrund. «Ich fahre Velo wegen des Velofahrens», sagt sie mit zwingender Logik. «Velofahren beinhaltet eigentlich alles. Ich schätze daran, dass man auch etwas von der Gegend sieht. Man kann ja auch gemütlich fahren. Es ist zudem toll, mit anderen Leuten zu trainieren. Natürlich verausgabt man sich automatisch, wenn der Ehrgeiz einsetzt.»
«Einfach mal machen»
«Natürlich will ich den Meistertitel verteidigen», betont Fabienne Sommer. «Auch im Strassenrennen, wo ich den zweiten Platz belegte, habe ich Ambitionen.» Ansonsten scheint sie ihre sportliche Zukunft eher von der lockeren Seite zu nehmen. «Ich setze mir noch nicht so grosse Ziele», meint sie. «Das läuft eher so spontan ab. Ich sage mir: Einfach mal machen. Ich denke, dass ich so weitermachen werde. Das Velofahren macht mir Freude. Es ist das, was ich möchte. Auch mit der neuen Schule wird es gut.»
Diese «neue Schule» wird nach der Bezirksschule Brugg die Kantonsschule Aarau sein. Nach den Sommerferien wird Fabienne Sommer in die Sportklasse eintreten. «Für die Aufnahme muss man Resultate vorlegen», sagte sie. «Von daher ist der Schweizer-Meister-Titel für mich auch eine gewisse Entlastung.» Zu ihren beruflichen Zielen erklärt sie: «Ich weiss noch nicht, in welche Richtung ich später gehen möchte. Ich zeichne gerne und mag Physik und Geografie. Die Schule gefällt mir im Allgemeinen.»
Fest steht aber das nächste sportliche Ziel von Fabienne Sommer: Der GP Gansingen am 7. August. Vorher – an der 1.-August-Feier in Remigen – wird die sympathische junge Sportlerin gebührend geehrt.
Quelle: Aargauer Zeitung, Regiobeilage Brugg